»Die Zeiten nationaler Kleinstaatlichkeit sind vorbei«, sagte der Leiter eines politikwissenschaftlichen Institutes in Wien in einem Zeitungsinterview für die österreichische »Niveau».
Klaus Kerlin
Die Gemeinschaften im Siegestaumel
»Die Zeichen der Zeit stehen auf Zusammenarbeit und Globalismus. Im Sinne einer gegenseitigen Wirtschaftshilfe soll es vor allem den Entwicklungsländern möglich sein, den Sprung aus der Armut zu schaffen. Dabei werden die Programme von den G-7-Staaten geliefert: Die Umsetzungen werden in den Weltwirtschaftsgipfeln diskutiert. Wer gegen diese Entwicklung ankämpft, ist nicht modern. Ein Mensch, der sich gegen internationale Verflechtungen stellt, wird in der Regel von deren Strukturen aufgerieben«, meinte der Wiener Professor weiter.
Kämpfe gegen Windmühlen
»Der Protest, wie etwa in Seattle, ist nichts weiter als ein Festhalten an nationalen Errungenschaften, die in der Welt von morgen keinen Platz mehr haben. Die Zurückgezogenheit des Einzelnen führt zu Wut gegen die vielen. Hohe Intelligenz unterstützt diesen Prozess. Scharfe analytische Fähigkeiten bei gleichzeitiger Lebensuntüchtigkeit zwingen die meisten aber zu einer Kompromissbereitschaft, die nicht selten bei einem Job in global-orientierten Unternehmen endet. Von dort glaubt der Einzelne, für die vielen unsichtbar zu sein, da er von außen nicht zu erkennen ist. Doch die Zeit arbeitet für die vielen«, so der Professor.
Schwimmer: ein Paradefall?
Auf die Frage nach Parallelen und Beispielen hieß es: »In Stresssituationen brechen die Einzelnen dann unverhofft aus dem Kollektiv aus. Amok und Protest sind, wie im Fall Schwimmer aus Deutschland, keine Seltenheit. Wer also den Frieden einer vereinten Welt im Herzen trägt, tut gut daran, individuelle Tendenzen im Keim zu ersticken. Schließlich schadet man nicht nur der wirtschaftlich vereinten Gemeinschaft, sondern letztendlich auch sich selbst – wie der Fall Schwimmer deutlich zeigt.«